XC - Vom Neunerköpfle nach Häselgehr
(Von unserem lebenden Flugschreiber Markus S.)

 

Vorwort: Dies ist keine so umfassende Streckenbeschreibung wie die vom Armin Appel, weil ich die Strecke nur einmal erfolgreich geflogen bin, aber immerhin. Berichtigungen und Erweiterungen erbitte ich ausdrücklich, weil ich schließlich nächstes Jahr mindestens über Bach nach Italien kommen will.

 

Erster Versuch am 13. 7. 97, leichte Westlage, mittelmäßige Thermik, Basis etwa auf 2400m.
Karte: Allgäuer Alpen 1:50´000 des Bayerischen Landes Vermessungsamtes von 1997.

Nach dem Start habe ich natürlich erstmal im Hausbart Höhe gemacht, wobei man am Neunerköpfle selber nicht immer bis zur Basis kommt, weil sie schon besetzt ist, oder warum auch immer. Der Notausgang geht zunächst entlang dem Grat direkt nach Süden, wobei es kurz hinterm Neunerköpflegipfel oft nochmal etwas ruppig hochgeht. Von dort hält man direkt auf den nächsten felsigen Gipfel im Süden, die Sulzspitze zu und erwischt dort oder kurz davor einen zuverlässigen Bart ( aber was heißt das schon?), der einen, wenn er will, zur Basis bringt. Hier stört einen schon kein Aas mehr, aber wo steht die Thermik? Ich bin auf gut Glück nach südwest zur Blässe, einem unspektakulären Grasgipfel geflogen und habe dort auf die Südseite gehofft. Die war aber im Lee, und die Rettung kam erst aus der felsigen Westseite. Das gehört zwar schon zum Naturschutzgebiet, aber dort unten landen wäre noch schlimmer gewesen. In meinem XC-Wahn versuchte ich mich dann direkt nach südwesten über die Rote Spitze richtung Schwarzwassertal zu retten, aber die Rote Spitze war tot, und ich mußte beim Alplsee notlanden.
Ich habe allerdings später gehört, daß das Schwarzwassertal eh mit Vorsicht zu genießen sei. Der Rückweg vom Alplsee geht wegen eines Felsabbruches leider nicht direkt ins Tal zum Vilsalpsee, sondern man muß über ein Joch nochmal 400 m rauf, ehe man über die Landsberger Hütte absteigen kann. Da lernt man die Kraft der Sonne dann von einer ganz anderen Seite kennen. Ich Idiot bin allerdings erst noch 200m extra auf diese Rote Spitze hochgeschnauft, um dann in Anbetracht der leider schlappen 50° steilen lieblichen Blumenwiese nach Westen und des Rückenwindes im Osten wieder runterzulaufen. Da geht nicht mal ein Klippenstart, weil man den Schirm nur mit Seilsicherung ausbreiten könnte. Und wer kappt dann das Seil?

Zweiter Versuch am 10.8.97, leichter Ostwind am Neunerköpfle, Basis 2600-2900m, gute Thermik, Blasenpflaster, Notration und Bremsanker im Gurtzeug.

Um 1h gestartet und sofort problemlos 2400 m erreicht. Der Weg führte diesmal über die Sulzspitze ( Basis bei 2700m erreicht) direkt am Grat entlang über die meiner Erfahrung nach eher unzuverlässige Schochenspitze zur Lachenspitze. Die steht 5 km SSW vom Neunerköpfle und ging ganz passabel. Einen richtig geilen großflächigen Bart bis zur Basis bei ca. 2900 fand ich aber erst über dem Steinkar, etwas südlich vom Gipfel. Mann o Mann gings da ab, ( Kat. 2+ ) und Segelflieger hat´s da auch noch.

Aus der maximal vertretbaren Wolkenberührung heraus hielt ich direkt nach Süden, überquerte das Schwarzwassertal und hoffte nach 6 km auf Anschluß an der Grubachspitze. Das war leider Fehlanzeige und nachdem ich jetzt schon keine Ahnung mehr hatte, wo Luv oder Lee ist, habe ich auch gar nicht lange rumgesucht, sondern bin mit ca. 80 m ground durch den Sattel zwischen Stallkarspitze und Grubachspitze radiert und habe auf die Erleuchtung gehofft.

Ohne Wind braucht man bei dieser Talquerung rechnerisch so GZ 8, woraus ich schließe, daß ich mit meinem Aspect S Rückenwind gehabt habe. Ohne Schub von hinten muß die Basis wohl 3100m sein.

Südlich des Sattels war logischerweise dann das Lee, respective die Erleuchtung da, und auch ich wußte wieder woher der Wind weht. Von oben nämlich, und das war wenig erquicklich.

Weil ich schon immer mal nach Italien wollte, bin ich halt einfach weiter nach Süden zur Klimmspitze gedüst, weil da wenn schon keine Sonne, so doch Luv sein mußte und der Blick kann doch nur nach vorne gehen. In letzter Minute zeigte mir dann ein freundlicher Kollege, daß man NW bis W des Lachenkopfes über den kleinen Felswändchen auch mit meinen nur noch 500m ground (1450 NN) noch im Lechtalwind aufsoaren kann.

Leider bin ich immer etwas ungeduldig, und so bin ich nach 300m Höhengewinn und 20 min langweiligem hin und her gegurke kribbelig geworden, als es nicht mehr höher ging und Lechtaleinwärts abgehauen. Das war der letzte Fehler, denn an den SO- Flanken der Klimmspitze, ging zumindest im Bereich des Talwindes der mich voranschob Null und Garnix mehr aufwärts. So bin ich denn auf den sanften Wiesen bei Häselgehr eingeschlagen und beim Zurückstoppen ca. 1h später habe ich den Soaringkollegen am Lachenkopf schon schwer richtung Klimmspitze wackeln sehen. Tja, in der Ruhe liegt.....

 

Und wer Lust hat, kann nächste Woche die herzzerreißende Geschichte über einen ebenso bemerkenswerten Flug vom Nebelhorn beinahe in den Simms-Wasserfall bei Holzgau lesen.

Werde ich dieses Abenteuer überlebt haben?? Fortsetzung folgt!

 

Markus Schmidt

 


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