Tannheim / Neunerköpfle


Das Neunerköpfle liegt im Tannheimer Tal und ist eines der bekanntesten Fluggebiete im Ostalpenraum überhaupt. Vor allem die schwäbischen Gleitschirmflieger haben diesen Berg zu einem ihrer Lieblingsgebiete erkohren. Leider kann es deswegen hier ganz schön voll werden. Es ist dann am Wochenende wirres Pulkfliegen wie in Andelsbuch angesagt. Der Berg wird das ganze Jahr beflogen, wobei man sagen muss, dass es für Thermiksuchende im Winterhalbjahr bessere Berge im Gebiet gibt. Allerdings bleibt man durch die hohe Lage des Tannheimer Tales (1000 m ü. NN)  auch im Herbst und Winter oft vom Nebel verschont.Neunerköpfle Startplatz

Wetterlagen:
Gute Wetterlagen sind nördliche bis westliche Winde, wobei es bei kräftigerem Westwind turbulent werden kann. Aber auch bei moderatem Ostwind kann man hier gut fliegen. Selbst bei leichtem Südwind wird hier geflogen, da der Berg gut geschützt liegt. Damit geht´s hier fast immer, mit ein Grund warum der Berg so beliebt ist. Bei Ost-Südöstlichen Winden würde ich allerdings eher den nahegelegenen Hahnenkamm empfehlen.

Parken und Infrastruktur:
Die Parkplätze an der Bahn sind kostenpflichtig. Eine Parkkarte gibts für denjenigen gratis der eine Punktechipkarte besitzt, die an vielen Bergen der Region gilt. Der Weg von der Bergstation zu den Startplätzen ist kurz, so dass auch Drachenflieger und Flügesammler hier anzutreffen sind. Zum  Hauptstartplatz (W - NW) geht es noch mal etwas Richtung Süden den Berg hoch. Der Oststartplatz (NO-SO) liegt in der Nähe der Gundhütte etwas bergab richtung Osten.

Frequentierung:
Das Neunerköpfle wird das ganze Jahr über stark besucht. An Sommerwochenenden ist es teilweise so voll, dass man von einem Besuch abraten muss, wenn man nicht auf Strecke gehen kann. Nicht nur am Startplatz wirds dann eng, sondern auch in der Luft. Wohl dem, der auch unter der Woche Zeit zum Fliegen hat.

Start und Landeplatz:
Der Weststartplatz 
(siehe Bild rechts) ist einfach, wenn auch nicht so optimal wie in Bezau oder am Spieser. Der Oststartplatz stellt eigentlich auch kein Problem dar, wenn der Wind passt. Kommt dieser direkt von Norden ist man leider an beiden etwas im Lee. Meist stellt der Wind aber am Nachmittag auf West um.

Neunerköpfle ThermikStartzeitpunkt:
Der Hauptstartplatz geht zwar nach Westen, dennoch hat dieser Berg Nordseitencharakter, d.h. er ist erst später im Jahr aktiv und auch im Tagesverlauf setzt Thermik erst später ein. Am Neunerköpfle kann man bis abends gut starten und auch Thermik finden, da der Talwind dann ansteht. Wenn man an guten Tagen schon um 12 Uhr Thermik finden kann, sollte man dann auch alsbald starten. Nicht zuletzt deswegen, weil die Thermik hier schon mal eine Mittagspause einlegt. 

Thermik:
Der Berg ist, obwohl eine Nordseite, thermisch recht aktiv. Am Neunerköpfle selbst ist die Basis jedoch meistens bescheiden. Der Hausbart ist ein Aufwindband, das sich zuverlässig am Grat von der Bergstation bis zur Mittelstation zieht. Auch ohne Thermik kann man teilweise unterhalb der Mittelstation im Talwind soaren. Im Sommer kommt es häufiger mal vor, dass es auch mitten über dem Tal geht.  Es kann vermutet werden, dass die Thermikquelle die gegenüberliegende Einstein-Südseite ist und die Thermik vom bayerischen Nordwind über das Tal versetzt wird.
Leider kommt es zur thermikstärksten Jahreszeit häufiger mal vor, dass der Talwind die Hausbärte überspült. Die gehen dann zwar immer noch werden aber zunehmend zerrissen und nach Osten versetzt. Die Basis ist dann nur noch schwer zu erreichen. So funktioniert das bei Westwind, bei Ostwind ist alles ganz anders. ;-)

Windsystem:
Der Talwind kommt üblicherweise von Westen und kann recht kräftig werden. Dieser streicht dann die Hänge des Neunerköpfles hoch, so dass Absaufen schwierig wird.  Trotzdem lohnt es sich immer mal auf die Windfahnen am Landeplatz zu achten, da gerade bei Ostlagen, der Talwind auch mal aus der anderen Richtung kommen kann. Ebenfalls beachtet werden muss, dass der bayerische Wind durch das Engetal pfeift und sich bis zum Landeplatz vorarbeiten kann, dann wird es da turbulent.

Neunerköpfle LandeplatzStreckenflug:
Ein typischer Streckenflugberg ist das Neunerköpfle wahrlich nicht. Von 12000 Flügen im XC-Contest vom Neunerköpfle, sind gerade mal 100 ueber 60 km.
Meist wird im Tannheimer Tal auf und abgeflogen. Die Stammrunde führt über die Rohnenspitze zum Kührgrundrücken nach Westen und wieder zurück. Das kann man entweder direkt am Tal entlang fliegen oder wenn man am es am Neunerköpfle auf ca. 2000 m schafft, kann man versuchen den Grat entlang nach Süden zur Sulzspitze zu fliegen. Aber Vorsicht ! Hier sollte man wissen was man tut und abschätzen können, ob man bei fehlendem Anschluß wieder zurück ans Neunerköpfle kommt ohne ins Lee zu geraten. (Wildschutzgebiet am Lochgehrenkopf beachten !) An der Sulzspitze ist die Basis oft einiges höher. Dann kann man auch "hinten rum" die Strecke absegeln, was eine geringere Absaufgefahr bedeutet. Dieser Flug zeigt das.

Wenn man jedoch schon mal an der Sulzspitze ist, steht einem eigentlich die Streckenflugwelt in drei Richtungen offen. Wie erwähnt nach Westen zum Iseler oder nach Osten zum Hahnenkamm. Diese Richtung funktioniert über den thermisch zuverlässigen Litnisschrofen gut. Am spannensten und ergiebigsten ist es jedoch, weiter nach Süden ins Lechtal zu fliegen. Von hier kann man dann weiter bis nach Bach und auf der anderen Talseite wieder das Lechtal auswärts. Einziges Manko, es ist recht schwierig vom Lechtal wieder zurück ins Tannheimer Tal zu gelangen. Macht aber nichts, zurückgetrampt ist schnell wieder. Hier ein ganz typischer Flug im Lechtal, bei dem irgendwann die Talseite gewechselt wird. So wirds dann allerdings schwierig zurückzukommen. Gehen tuts, wenn die Basis sehr hoch ist wie hier. An dem Tag war die Basis im Lechtal auf knapp 4000 m. Beim nächsten Flug war ich früh dran und der Südwind hat noch gegen den Bayerischen angekämpft.
Bei den Flügen ins Lechtal sollte man aber schon etwas Erfahrung mitbringen. Erstens sind die Landemöglichkeiten bis man mal im Lechtal ist nicht optimal und das Lechtal selbst kann bei entsprechender Wetterlage recht turbulent werden.
Hier noch zwei Streckenbespiele mit ausführlichen Beschreibungen der Thermiken von Armin Appel vom Neunerköpfle aus. Die Beschreibungen sind zwar schon etwas älter, aber da die Berge noch da sind, wird auch die Thermik noch da sein.  Neunerköpfle - Iseler Neunerköfle - Hahnenkamm Die Strecken können genausogut vom Spieser bzw. vom Hahnenkamm aus angegangen werden. Und dann noch ein Erlebnisbericht von Markus Schmidt Neuner.-Häselgehr.
Alle Flüge vom DHV-XC

Fazit: Da der Berg so stark besucht ist, muss doch etwas besonders tolles an ihm sein. Ein besonderer Streckenberg ist er nicht. Winterthermik hat er nicht. Hohe Basis ist selten. Früh einsetzende Thermik ist Mangelware. Aber an dem Berg sieht man was die Flieger wirklich wollen: nicht so weit Auto fahren, vom Landeplatz und zum Startplatz nicht lange laufen, bei vielen Windrichtungen Startmöglichkeiten bereithalten, zuverlässige Thermik und Startmöglichkeiten für Langschläfer und ein übersichtliches Relief mit klaren Windsystemen. Vor allem aber auch viele Piloten, so dass man sich auch über einen kurzen Flug lange unterhalten kann.

--> = übliche Talwindrichtung

11.11.17 Wolfgang Jauch
Fotos: Wolfgang Jauch und Rainer Epp


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